Man musste ihn doch aus der Reserve locken. Jedes Mal hatte er den Spieß umgedreht und einer von ihnen stand am Ende beschämt dar. Ein letzter Versuch, eine letzte Frage. Es war ein Gesetzeslehrer, der den letzten Pfeil schoss: Welche unserer 613 einzelner Vorschriften ist das höchste Gebot? Darüber ließe sich vortrefflich diskutieren und dann würde man ihn überführen und kurzen Prozess machen.
Doch auch auf diese hinterhältige Frage antwortet der Herr Jesus geduldig und freundlich: Du sollst Gott gänzlich lieben und deinen Nächsten wie dich selbst. Das Doppelgebot der Liebe. Das, so muss der Gesetzeslehrer zugeben, bringt es auf den Punkt. Diese Antwort macht ihn nachdenklich. Keine Spur mehr von Angriff. So einfach gesagt, aber so schwer getan. Wer das in Gänze erfüllen könnte, bräuchte keine Opfer mehr zu bringen. Gottes Forderung wäre erfüllt, das Gottesreich könnte beginnen. Leider menschlich gesehen unmöglich!
Du bist nah dran, sagt Jesus ihm anerkennend. Du hast viel verstanden vom Reich Gottes. Sein warmes Vaterherz schlägt auch für diesen verlorenen Sohn. Die Erkenntnis der eigenen Schwachheit und Schuld vor Gott ist der Anfang. Möge er doch zur vollen Umkehr kommen.
Ob dieser Gesetzeslehrer tatsächlich noch ins Schwarze getroffen hat oder ob knapp vorbei am Ende doch voll daneben ging, bleibt offen. Tatsache ist jedenfalls, dass er hier dem begegnet ist, der kurz darauf genau deshalb am Kreuz gestorben ist, damit für alle, die an ihn glauben, die Forderung des Gesetzes nach gänzlicher Liebe erfüllt wurde. So wird der Gerechte leben, weil er glaubt (Hab 2,4) und nicht, weil er die Gesetze erfüllt (Röm 3,28).
Kleine Challenge für die Gerechten frei nach Hebräer 12,3: Schaut mal, wie Jesus hier mit Widersachern umgeht, die ihn zu Fall bringen wollen, damit ihr in ähnlichen Situationen standhaft bleiben könnt!
