Warum er nicht dabei war, bleibt unklar, aber er hatte die entscheidende Gelegenheit verpasst! Thomas war nicht da, als Jesus am Ostersonntag der Jüngergemeinschaft erschienen war. Sie hatten ihn leibhaftig gesehen und angefasst und er sollte nun vom Hörensagen glauben, dass Jesus lebt. Das werde ich nicht glauben, sagt er. Offenbart sich hier der Grund für sein Fernbleiben von der Versammlung? Tot ist tot, aus und vorbei! Hatte er schon einen Schlussstrich gezogen und alles abgehakt?
Thomas hat jedenfalls für alle Zeiten seinen Beinamen weg: Der Zweifler!
Doch ist er damit abgestempelt und ein Gläubiger zweiter Klasse?
Für mich wird er eher zu einem Beispiel des besonders barmherzigen und liebevollen Umgangs Jesu mit dem Einzelnen. So wie Jesus schon den beiden Emmaus-Jüngern hinterhergelaufen ist und ihnen zu einer privilegierten Begegnung mit ihm verholfen hat, so erbarmt er sich auch über Thomas, der einfach die Chance verpasst hatte. Am Sonntag nach Ostern erscheint er den Jüngern wiederum und ermöglicht Thomas, seine individuelle Begegnung mit ihm zu machen: Er darf die Nägelmale sehen und anfassen, ganz wie er es gewünscht hatte. Nichts anderes war im Übrigen auch für alle anderen Jünger das Erkennungszeichen des Lebendigen: Die durchbohrten Hände ansehen und betasten. Der Apostel Johannes wird genau das später in seinem Brief als Beweis für die Glaubwürdigkeit der Zeugen anführen: Was wir gehört, gesehen, angeschaut und mit unseren Händen betastet haben, verkünden wir euch (1.Joh 1,2). Das gilt es nun, nachdem Jesus nicht mehr leibhaftig unter uns ist, zu glauben, ohne zu sehen und zu betasten. Wer das tut, wird von Jesus als glückselig bezeichnet. Und ich bin sicher, dass er auch heute sehr individuelle 2. Chancen für verpasste Begegnungen anbietet.